ELECTRIC WOW / 24.09.2025.
E-Auto mit Wohnwagen: Eine Hänger-Partie!
Posted by: Gerald Weiss
Nur damit Sie durch die Fotos nicht fehlgeleitet werden und hernach enttäuscht sind: Im kommenden Artikel werden wir Sie weder über das glasklare Meer in Kroatien noch über den ebenso einfach wie schmackhaft zubereiteten Fisch in Istrien und auch nicht über die Lieblichkeit der Städte wie Novigrad, Porec oder Grožnjan informieren. Wiewohl das alles angenehmer Teil unserer Urlaubsreise war, geht es in diesem Artikel ausschließlich um den Weg dorthin (und zurück) mit einem E-Auto und einem Wohnwagen.
stock.adobe.com/Comofoto
Doch lassen Sie uns ein paar Schritte zurückgehen: Unsere wachsende Liebe zum Campen mit einem (jeweils gemieteten) Wohnwagen hat durch die neue Firmenwagen-Wahl vor drei Jahren sein vorläufiges Ende erfahren. „E-Auto und Wohnwagen, das geht nicht“, war die allgemeine – und auch unsere – Meinung. Die Begeisterung für das E-Auto-Fahren, problemlose und entspannte Süd-Reisen (Mali Lošinj, Novigrad, Triest) mit vollgepacktem Auto, mit zwei Erwachsenen, zwei Kindern, Hund und vier Rädern am Heck, haben langsam, aber sicher den Wunsch reifen lassen, es doch wieder mit dem Wohnwagen zu versuchen. Heuer sollte es so weit sein.
Dabei waren vorerst noch Hürden zu nehmen: Beim Dienst-Enyaq musste – mit TÜV-Gutachten, Genehmigung bei der Landesregierung und Eintragung in den Zulassungsschein – die Anhängelast von 1.000 Kilogramm (bis 12 Prozent Steigung) auf 1.450 Kilogramm (bis 8 Prozent Steigung) erhöht werden.
Info am Rande: Für den Führerschein gilt das höchstzulässige Gesamtgewicht des Gespanns. Durch die eher schweren E-Autos ist man hier meist über 3,5 Tonnen: Das Gespann darf auf Autobahnen also höchstens 80 km/h (statt 100 km/h mit einem leichteren Anhänger) fahren und man benötigt dafür einen Führerschein für Anhänger, zumindest also B und E. Für die Fahrt gilt allerdings das tatsächliche Gewicht des Hängers.
Hauptthema Verbrauch
Nun zum für viele wichtigsten Thema: dem Verbrauch. Trotz intensiver Recherche war es nicht möglich, vorher einen Verbrauchswert herauszufinden. Meine Hoffnung: nicht mehr als 40 kWh auf 100 Kilometer. Beim Abholen des (noch leeren) Wohnwagens beim sehr empfehlenswerten Vermieter, der Firma Caramobil in Leopoldsdorf, und den ersten 100 Kilometern nach Hause waren die Anspannung und in der Folge die Erleichterung groß: 34,8 kWh hat der Bordcomputer nach der Heimfahrt auf A21, A1 und S33 angezeigt. Der Wert von zirka 35 kWh sollte sich bestätigen, wenn auch etwas schwankend. Dabei sind Steigungen (mit anschließender Rekuperation durch die Abfahrt) kaum problematisch, Gegenwind fällt hier stärker ins Gewicht. Hauptsächlich ausschlaggebend ist aber natürlich die Geschwindigkeit.
Großartiges Fahrverhalten
Am nächsten Tag ging es mit vollem Akku und vollgepacktem Wohnwagen endlich los. Doch wie fährt sich eigentlich ein E-Auto wie der Skoda Enyaq mit einem Wohnwagen am Haken, der mangels Routine beim Beladen sicher nicht optimal austariert ist? Ein Wort: großartig! Das Fahren ist um vieles angenehmer als mit dem Verbrenner-Zugfahrzeug: Ob es am Gewicht des Autos mit dem tiefen Schwerpunkt des schweren Akkus liegt? In jedem Fall läuft das Gespann extrem ruhig und unaufgeregt. Beeindruckend ist auch die Beschleunigung, etwa bei der Auffahrt und dem Einspuren auf der Autobahn: Der Wohnwagen ist kaum zu spüren, das E-Auto beschleunigt mühelos und schnell, fast so wie ohne Anhänger. Hier ist das E-Auto auf jeden Fall ein großer Gewinn. Das trifft auch beim Rangieren zu, wo man (nach Ausschalten von Auto Hold) leise, ruckfrei, genau dosiert und quasi „auf Millimeter“ steuern kann. Das erleichtert das Rangieren am Stellplatz und das Ankuppeln immens.
Reichweite und Ladeplanung
Mit einer Tempomat-Geschwindigkeit von 90 km/h (gesetzliches Limit plus Toleranz) sind wir, bei einer theoretischen Reichweite von etwa 230 Kilometern, jeweils etwa 2,5 Stunden bis zum nächsten Stopp gefahren. Mit zwei Kindern (9 und 11), einem Hund sowie überschaubarer Blasenkapazität des Autors ist das absolut passend. Die Ladezeit bis 80 Prozent hätte dann maximal 25 Minuten betragen. Meistens haben wir aber für die Stopps länger gebraucht, weil doch noch schnell ein Eis oder noch einmal Wasser für den Hund oder Sicherheitstoilettengang 3.0 …
Im Gegensatz zum mittlerweile unproblematischen Reisen mit dem E-Auto alleine, ist bei der Fahrt mit dem Wohnwagen eine entsprechende Planung zu empfehlen. Zum einen sind die Ladestationen im Süden nicht so dicht gesät wie etwa an österreichischen Autobahnen. Zweitens sind die Platzverhältnisse an den Ladestationen mit dem Wohnwagen in der Urlaubszeit begrenzt. Durchfahrts-Ladestationen, wo das Laden mit Hänger problemlos möglich ist, sind noch rar, nehmen aber langsam zu. Wir haben drei davon angefahren: eine Shell-Recharge-Station in Ilz, die schon für Lkw vorgesehen ist, eine BP-Station in Alland (kurz vor zuhause), wo zwei Ladepunkte wie eine Zapfsäule anzufahren sind, und – unser Highlight – eine slowenische Petrol-Station auf der Autobahn nördlich von Ljubljana: fünf Doppel-Ladesäulen, zwei Ladepunkte davon großzügig als Durchfahrts-Station umgesetzt, komplett neu gebaut, unmittelbar hinter der Tankstelle mit Toilette und Shop. So darf das sein.
Die anderen Male haben wir uns – ebenfalls ohne Abkoppeln – ein bisschen durchgeschummelt. Einmal an einem Supermarktparkplatz, Samstag, kurz vor 18 Uhr, wo wir drei der acht Punkte blockiert haben, wobei nur zwei weitere genutzt waren, alles easy! In Slowenien haben wir einmal oberhalb der Ladesäulen auf der Zufahrtsstraße zur Tankstelle gehalten und haben das Ladekabel mit einem Spielraum von 10 Zentimetern nach oben gelegt. Nur möglich, weil genau die erste Säule frei war. Man darf auch Glück haben.
Welche Ladestation?
Planung ist hier also wichtig, um stressfrei durchzukommen. Abkoppeln ist zwar kein Drama, wenig Platz dafür kann aber zum Stress werden. Wir haben uns davor Ladestationen auf diversen Apps (wie Chargeprice) bzw. dann über Street-View hinsichtlich der Platzverhältnisse angesehen und konnten damit recht gut abschätzen, wie es laufen wird. Die Frequenz muss natürlich ebenso mitspielen wie die richtige Ladekarte.
Idealerweise hat man eine Karte dabei, mit der man nahezu überall laden kann, selbst wenn es dadurch teurer wird. Dabei gilt: lieber bei einem oder zwei Stopps 90 Cent für die Kilowattstunde bezahlen, als eine enge oder gar keine Ladesäule zu erwischen. In unserem Fall war die – sehr teure – Ladekarte des Autoherstellers dieser Joker. Europaweit empfehlenswert ist auch EnBW-Mobility. Ionity ist in Mitteleuropa (und somit auch in Slowenien und im nördlichen Kroatien) natürlich hinsichtlich des Preises, des guten Netzes und der extrem hohen Verlässlichkeit eine Option. Das wissen und nutzen dementsprechend viele, deshalb sind diese Säulen zur Urlaubszeit sehr gut frequentiert (teilweise mit entsprechenden Wartezeiten). Zudem sind die Säulen oft sehr eng aufgebaut, sodass ein Abkoppeln unvermeidlich ist.
Als generelle Empfehlung gilt: Hauptreisetage wie die Samstage im Juli und August sind nicht zu empfehlen. Hier gibt es Engpässe, das gilt für Grenzen, Tunnel, Mautstationen, Raststätten, Tankstellen und Fähren genauso wie für E-Ladestationen. Wir fahren – auch früher mit dem Diesel – niemals in einem durch. Längere Stopps, entweder nur, um zu nächtigen, eine kleine Stadtbesichtigung zu machen, oder – meist auf der Rückreise – ein paar Tage noch in Österreich zu verbringen, sind immer eingeplant.
AC-Laden fehlt im Süden
Für das AC-Laden am Urlaubsort gibt es in Kroatien eindeutig zu wenige Ladepunkte. Der Stromanschluss am Campingplatz ist hier nur eine Notlösung. Dafür durfte der NRGkick mit auf unsere Reise gehen und zeigen, dass er mit voreingestellten 6 Ampere (knapp 1,4 kW) sehr langsam laden kann, um das Netz des Campingplatzes nicht zu überfordern. Dabei würde es klare Regeln oder eine Reihe an AC-Ladern auf dem Gebiet des Campingplatzes brauchen, wo man das Auto auch über Nacht stehen lassen kann. Bei unserem geschätzten Platz in Novigrad war das Laden am Stellplatz nicht geregelt, beim (ebenfalls sehr empfehlenswerten) Camping in Lutzmannsburg, wo wir bei der Heimreise noch ein paar Tage geblieben sind, ist es explizit verboten.
E-Auto und Wohnwagen: empfehlenswert oder nicht?
Die Verwendung eines Wohnwagens mit dem E-Auto hat sehr viele Aspekte und so gibt es keine einheitlichen Erfahrungswerte oder Empfehlungen: Zugfahrzeug, Caravan, Ziel und Distanz, Geschwindigkeit, verfügbare Ladeanbieter und vor allem Fahrgewohnheiten sind sehr unterschiedlich. Vermutlich muss man sich einfach darauf einlassen und darauf einstellen. Für uns sind Ladepausen nach 2,5 Stunden überhaupt kein Problem, im Gegenteil. Für uns passen E-Auto und Wohnwagen seit heuer perfekt zusammen, wir werden es wieder tun und überlegen nun doch, einen eigenen Caravan zu kaufen. Für „Durchfahrer“, die mit kurzen Toilettenpausen so rasch wie möglich am Ziel sein wollen, sieht das freilich ganz anders aus. Hier wird vorerst der Diesel-Antrieb erste Wahl bleiben.
Das noch offene Thema ist die Unsicherheit über die Lademöglichkeit: sind Ladepunkte frei, ist genug Platz, um mit Anhänger zu laden bzw. gibt es Park- und Rangiermöglichkeiten, um den Caravan im Zweifelsfall abzuhängen? Hier braucht es mehr Lösungen.
-----------
Plus: die Bike-Anhänger-Erfahrungen eines Kollegen
"Mit E-Auto und Bike am Haken"
Alexander Keiler, langjähriger und sehr geschätzter Kollege aus dem A&W-Marketing, und seine Frau sind begeisterte Motorradfahrer. Um neue Regionen kennen zu lernen und um den üblichen Radius zu erweitern, nehmen die beiden das Bike am Anhänger mit in den Urlaub und machen vor Ort Ausfahrten. Ein bewährtes Modell, welches das Paar seit zehn Jahren praktiziert. Seit zwei Jahren ist Alexander mit dem Firmenauto elektrisch unterwegs und damit musste auch der Hänger elektrisch gezogen werden. Im vergangenen Jahr ging es gleich einmal an den Gardasee, mit etwas Anspannung. „So haben wir auch immer früher gestoppt als notwendig. Heuer waren wir schon deutlich entspannter“, berichtet Alex. Dieses Mal ging es nach Tirol, um Arlberg, Dolomiten und Großglockner mit dem Bike zu befahren.
Bei der eher leichten Kombi und dem nicht stark erhöhten Luftwiderstand hält sich auch der Mehrverbrauch in Grenzen. „Wir benötigen mit dem Anhänger etwa 25 kWh, das ist eine moderate Steigerung“, so der Motorradfan, der das Gespann mit der gegebenen Toleranz etwas oberhalb der erlaubten 100 km/h auf der Autobahn bewegt. Seine Frau checkt derweil die Ladestationen mit diversen Apps. „Heuer haben wir versucht, das Abkoppeln zu vermeiden. Mit abhängen, zweimal rangieren und wieder anhängen sind gleich zehn Minuten vergangen.“
So gilt auch für Alex und seine Frau: Reichweite und Ladestopps sind nicht das Problem beim E-Auto-Hängerbetrieb, vielmehr sind es Ladestationen mit Platz oder – noch besser – Durchfahrtsmöglichkeit. „Lösungen wie vermehrt bei Shell und OMV machen das Anhängerleben leichter“, so Alexander Keiler.