/ 31.07.2025.
Erste Ausfahrt im Fiat Topolino
Posted by: Roland Scharf
Hat mich auch sehr gefreut, Frau Inspektor! Ein Lächeln am Morgen, dazu ein verhaltenes Winken versüßt den Tag doch gleich deutlich, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, warum die Ordnungsmacht so freundlich war. Ist der 2,4 Meter lange Topolino wirklich so ein Herzensbrecher? Oder sehe ich langer Lulatsch darin einfach ein wenig – na ja – lachhaft aus? Aber Mopedautos waren immer schon eine Art Selbstfindung auf Rädern, der radikalste Ansatz minimalistischster Mobilität, dem der kleinste Fiat einen interessanten Aspekt hinzufügt: Er macht diese Fahrzeugklasse nämlich nicht nur elektrisch. Sondern auch erstmals cool. Ein guter Grund also, auf einer gemeinsamen Runde durch die große Stadt herauszufinden, ob man mit herkömmlichen Autos tatsächlich immer mit viel zu viel Auto unterwegs ist.
Was gleich auffällt, sind zwei Dinge: Es sitzt sich luftig, Helligkeit durchflutet die großzügig verglaste Fahrerkanzel, was in Kombination mit den kreativen Stoffen (da war Fiat schon immer gut) zu einem sommerlichen Gemüt führt. Da ist es wieder, das Gefühl des Urlaubs in den 1980ern, irgendwo in Apulien oder Donaustadt, wo überall die alten 500er herumschnatterten. Hier hingegen schnattert nichts, der kreative Minimalismus ist hingegen geblieben: drei Knöpfe für das Wählen der Fahrstufe, ein Knopf für das Innenraumgebläse und eine Handyhalterung, falls man Infotainment möchte – fertig. Der nach hinten versetzte Beifahrersitz bietet rechts von einem viel Platz für Einkäufe zum Beispiel, ja und in Wahrheit ist man damit schon ausreichend bedient für 90 Prozent der Fahrten. Gestartet wird klassisch mit einem Zündschlüssel, im Vergleich zu den 500ern aus 80ern muss man aber keinen lärmenden Zweizylinder ertragen sondern gleitet elektrisch zur ersten Ampel. Und ja, wir können nur 45 km/h fahren. Bis dahin geht es mit den 8,2 PS aber anständig vorwärts, sodass man sich nur auf den Ausfallstraßen vielleicht ein wenig mickrig vorkommt, wobei an die Fahrer all der tiefschwarzen SUV gesagt werden kann: Wir sehen uns an der nächsten Ampel eh wieder.
Es stört nicht einmal, dass es keine Servolenkung gibt. Bei wenigen 100 Kilogramm Lebendgewicht und süßen Asphaltschneidern kurbelt es sich dennoch leicht und so kommt recht schnell eine befreiende Stimmung der Smartheit auf. Sich auf asketische Weise überlegen zu fühlen, wäre vielleicht ein wenig übertrieben. Aber die Leichtigkeit des Seins. Die Freude an kleinen Dingen, wie es in Italien Sitte ist, verkörpert der Topolino aber doch sehr gut. Wie ein Espresso auf Rädern, kann jedenfalls gesagt werden, dass die Italiener diese in Marokko gebaute Plattform weit besser umgesetzt haben als ihre Kollegen von Opel oder Citroen. Irgendwann holt einen der Alltag dann aber doch ein. Die Sitze – so lieb sie auch aussehen – sind definitiv nur für Kurzstrecken, so hart gepolstert und knapp bemessen. Und trotz der Kürze fehlt es dem Fiat an Übersichtlichkeit. Ordentliche Außenspiegel wären schon nützlich gewesen und dass sich der Blinkerhebel nicht von selbst zurückstellt, zeigt, wie brutal an diesem Vehikel gespart wurde – und dass Weglassen dann auch Mal zu viel sein kann. Dafür kann an der Ladefront Entwarnung gegeben werden. Zwar lässt sich der 5,4-kWh-Akku nur mit 220 Volt befüllen. Die angegebenen 75 Kilometer reichen für urbane Wege aber locker aus und dank eines Adapters kann man auch 11-kW-Wallboxen Strom zapfen.
Die drastische Form des Verzichts verlangt indes einem Höchstmaß an Entscheidungsstärke. Zum Beispiel, welcher des Topolinos es nun sein soll. Der offene namens „Dolcevita“ zum Beispiel ist wirklich offen. Faltdach, dazu keine Türen sondern nur zwei hübsche Ketten ergeben natürlich ein luftiges Fahrgefühl wie sonst nirgendwo – und was auch nur deswegen möglich ist, weil wir es juristisch gesehen mit keinem Auto zu tun haben. Heißt aber im Gegenzug, dass es weder im Winter noch im Herbst noch bei Regen sonderlich angenehm ist, damit unterwegs zu sein. Da tut sich der Topolino mit echten Türen natürlich leichter, weil weitgehend wasserdicht. Der brutale Sparzwang bei der Produktion, die zum einen nur die Hälfte der Scheiben aufklappen lassen, nur ein fix montiertes Glasdach und keine Klimaanlage zulässt, macht ihn dafür im Alltag fast schon unerträglich sobald die Sonne einmal halbwegs Gas gibt. So gesehen, ergänzen sich die zwei Fiats, die es bei uns ausschließlich in diesem einen Grünton gibt, also perfekt, aber deswegen gleich zwei zu kaufen, wäre natürlich ein Blödsinn. Somit verwundert es nicht, dass sich 90 Prozent der Kunden wohl für die geschlossene Version entscheiden. Und für die paar sonnigen Tage im Jahr gibt es im Zubehör sogar eine Art von asketischer Klimaanlage: ein Ventilator mit USB-Anschluss zum Anstecken ans Armaturenbrett.